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Uganda-Bericht 2019 – Habibas Geburtstag

Von Test Jens, 15.11.2019
Uganda-Bericht 2019 – Habibas Geburtstag

Namaganda, 15. 11. 2019 (English) Mitten in der Nacht werde ich wach und denke, ich ersticke. Es ist immer noch heiß und stickig. Sicher ist der Sauerstoff in der Luft hier drinnen gleich aufgebraucht. Ich reiße die Tür auf. Angenehm kühle und frische Luft strömt hinein. Sollen uns doch die Mücken auffressen. Besser als ersticken ist das allemal. Die Tür bleibt offen für den Rest der Nacht. Draußen scheint der Mond, die Sterne funkeln, und der Hahn fängt an zu krähen (später werden wir erfahren, dass es jetzt zwei Uhr in der Nacht ist, weil der verrückte Hahn immer um diese Zeit mit dem Krähen anfängt).

In der frischen Luft schläft es sich schon viel besser. Als wir aufwachen scheint bereits die Sonne. Draußen hören wir schon die Kinder fröhlich. Wie beschrieben ist der Bereich, in dem sich unsere Hütten und unsere "Waschräume" befinden, eingezäunt. Das erinnert ein wenig an einen Zoo, nur dass wir in diesem Fall die exotischen "Tiere" sind. Vor allem jetzt sieht es genau danach aus. Denn heute sind ausnahmsweise alle Kinder sehr pünktlich in der Schule (und vielleicht auch etliche, die gar nicht zur Schule gehören). Dicht an dicht drängen sie am Zaun entlang und versuchen aufgeregt etwas von den seltsamen Muzungus zu erhaschen. Sicher steigert unsere weit geöffnete Tür die allgemeine Spannung. Als wir unsere Hütte verlassen gibt es einen jubelnden Aufschrei. Wir wünschen allen Kindern einen guten Morgen und versuchen im weiteren, die neugierigen Blicke so gut es geht zu ignorieren.

Zum Frühstück gibt es wieder Kartoffeln und Matoke sowie Früchte und neu Spaghetti, nach dem Kochen kurz mit Ei angebraten – lecker. Als wir nach der Stärkung zu den Hütten zurückkommen, sind die großen Kinder gerade zum Roomservice bei Ina. Unsere Hütte ist bereits aufgeräumt, das Bett frisch bezogen. Auf dem Bett steht ein Tablett mit einer Karaffe Fruchtsaft und Gläser. Bei so einer liebevollen Betreuung trauen wir uns nicht zu sagen, dass wir eigentlich lieber ins Hotel nach Kamuli möchten. Okay, eine Nacht haben wir überlebt, und mit offener Tür ging es dann ja einigermaßen. Vielleicht schaffen wir noch eine zweite Nacht und sprechen dann morgen mit Eddy ...

Vor dem Höhepunkt des heutigen Tages nehmen Ina und Raphaela noch am Unterricht der Nursery-Class (Vorschule, von 3 bis 6 Jahren) teil. Das ist ein besonderes Erlebnis. Die Lehrer sind mit ganzem Körpereinsatz dabei, und die Kinder lernen viel durch Singen und Tanzen, also der Verbindung von vermittelten Inhalten (und gleichzeitigem Erlernen der Fremdsprache Englisch – Muttersprache der Kinder hier ist Luganda) mit Bewegung und Musik. Außerdem sind meist zwei Lehrkräfte in jeder Klasse bei den Kleinen. In dieser Hinsicht können die Schulen in Deutschland durchaus was lernen von dem Visionary Learning Centre in Uganda!
Auf Facebook gibt es noch ein anderes Video von der Situation: https://www.facebook.com/rrachild/videos/1017183875438737/

Dann ist es soweit. Unser Patenkind Habiba hat heute Geburtstag. Sie wird vier. Eddy hat eine große, zweistöckige Geburtstagstorte organisiert. Die wurde extra aus Kampala geliefert (kaum vorstellbar, wie die Logistik über die Entfernung und die vorhandene Infrastruktur funktioniert). Und die stolzen Pateneltern haben natürlich ein dickes Paket dabei. Habiba ist uns Fremden gegenüber immer noch sehr schüchtern und unsicher. Gebannt verfolgen die anderen Kinder die Auspackzeremonie. Wir sind sehr froh, dass durch die großartige Unterstützung aus dem Raphaela-Blumenbunt-Fankreis so viele Teddies und Puppen unterwegs nach Namaganda sind, so dass wir damit später fast jedem Kind an der Schule eine Freude machen können.

Habiba bekommt noch ein kurzes "Happy Birthday"-Ständchen von den Kindern, dann geht es zur Begeisterung aller der großen Torte an den Kragen. Natürlich bekommen alle Kinder und Lehrer hier ein Stück ab vom Süßgebäck. Stolz verteilt Habiba den Kuchen in ihrem neuen blauen Kleid. Das kleine Mädchen ist heute sehr glücklich, wie man sieht.

Nach dem Mittagessen – Kartoffeln, Matoke und wieder die leckeren gebratenen Spaghetti – fahren wir kurz nach Kamuli, um noch mehr Trinkwasser und Toilettenpapier zu kaufen. Am Nachmittag bricht dann ein ganzer Tross Kinder zusammen mit uns auf, ein paar der übrigen Patenkinder zu Hause zu besuchen.

Die erste Station sind Swaibu und Paul, die Patenkinder von Kasakaire Wilber. Die Brüder haben eine Behinderung, die u.a. dazu führt, dass ihre Kopfhaut keine direkte Sonne verträgt. Deshalb sieht man sie in der Schule immer mit einer Mütze herumlaufen. Behinderte Kinder werden oft von den Eltern verstoßen. Dank der Unterstützung des Visionary Learning Centre und der Paten können Swaibu und Paul beim Großvater leben.

Die nächste Station ist dann Habibas Familie. Raphaela freut sich sehr, endlich auch Habibas Mutter Saphinah kennenzulernen. Die alleinerziehende Mutter von 7 Kindern ist 33 Jahre alt und ganz wie Habiba auch ein wenig schüchtern. Ihr ältester Sohn ist 19, Habiba ist die jüngste der Familie. Es ist eine gute Sache, dass die großen Töchter Salama (13) und Amina (14) in der Schule wohnen. Auch die original Habiba-Puppe, die viele sicher von der Puppenanleitung kennen und die Raphaela Anfang des Jahres per Paket gesendet hatte, ist noch da und erfreut sich anhaltender Beliebtheit.

Dann besuchen wir das eine Patenkind von Evelyn und Axel Huhn, Brendah Jamira und ihre Mutter. Evelyn hat Ina viele Geschenke mitgegeben und einen  liebevoll geschriebenen Brief an Brendah, der von den großen Kindern aus unserem Begleitzug vorgelesen und in Luganda übersetzt wird. Ein sehr emotionaler Moment für alle. Und die Spieluhr in der kleinen, grünen Raupe fasziniert alle Kinder die dabei sind.

Zum Schluss wollen wir Tapenesi besuchen, aber das andere Patenkind von Evelyn und Axel ist heute nicht zu Hause. Aber ihre Großmutter, bei der sie wohnt, ist da. Und Tapenesis Großmutter ist eine ganz besondere Persönlichkeit. Ich weiß nicht was es ist, aber diese gestandene Frau strahlt eine Souveränität und Herzlichkeit aus, die in dieser Form selten ist. Spontan bekommen wir eine Schüssel Mais geschenkt. Wir freuen uns schon auf das baldige Wiedersehen wenn Tapenesi zurück ist und wir Evelyns und Axels Geschenke übergeben können.

Der Tag klingt mit interessanten Gesprächen mit Eddy und seinem Vater in lauer afrikanischer Nacht aus. Zum Abendessen gibt es Kartoffeln, Spaghetti und frischen, gegrillten Mais. Die Tür unserer Hütte bleibt diese Nach offen, provisorisch mit einem Moskitonetz verhängt (mehr zu unserer Beruhigung ...). Wir schlafen gut.

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